Mittwoch, 28. Januar 2015

Review "Drive (2011)"

Filme und Serien 
Drive (2011)

Produktionsjahr: 2011
Laufzeit: 100 min
Budget: 15 Mill. $
Einnahmen: 76 Mill. $
Original Titel: Drive
Regie: Nicolas Winding Refn
Komponist: Cliff Martinez
 Genre: Crime/Drama
FSK: 18
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Der Trailer:



Tagsüber arbeitet Driver als Stuntman für Hollywood. Reine Routine. Erst nachts erwacht der wortkarge Einzelgänger zum Leben, als Fahrer von Fluchtfahrzeugen bewaffneter Einbrüche. Keiner kann ihn schnappen, keiner kann ihm das Wasser reichen. Dann lernt der coole Driver seine neue Nachbarin Irene kennen und verliebt sich in die alleinerziehende Mutter. Als Irenes Ehemann Standard aus dem Knast entlassen wird, lässt sich Driver zu einem vermeintlich todsicheren Ding überreden: Mit der dabei erbeuteten Kohle will Standard seine Schulden aus der Knastzeit abbezahlen - Doch alles geht schief! Die Jagd auf Driver und Irene ist eröffnet ... [von der Blu-Ray Beschreibung entnommen]

Welcome to L.A.


Drive ist ein hoch-intelligenter, visuell beeindruckender aber zugleich auch stiller Actionfilm, der den Zuschauer in jeder einzelnen Sekunde seiner Laufzeit fordert. Ganz im Gegensatz zu den modernen Bamm-Bamm-Bamm-Actionfilmen der Neuzeit deren Schnittgeschwindigkeit fast schon epileptische Zustände beim Zuschauer provozieren, ist Drive ein Sinnbild für das stille, emotionale & intelligente Actionkino!

In einer Hinsicht ist Drive dabei nahe an der absoluten Perfektion: In der Symbiose zwischen sehendem und höhrendem! Ich bin wahrhaftig kein Freund von Elektromusik, aber Drive flechtet dessen Rhytmus und Herzschlag so geschickt in das Stillleben der gezeigten Bilder ein, dass Bild und Ton eine erfrischend neuartige Einheit bilden, die ich in dieser fesselnden Art und Weise noch nie erlebt habe: Während die Bilder mit ruhigen Kamerafahrten, langsamen Zooms, wenigen Schnitten und in häufig eingesetzten Zeitloopenfahrten, einen behütenden Eindruck vermitteln - wird im krassen Kontrast dazu die unterschwellig-brodelnde Spannung durch den Rhytmus der Musik erzeugt! Und so folgt man angespannt und nägelkauend dem ruhigen Schauspiel der Darsteller und den langsamen Kamerafahrten, weil man durch den genialen Soundtrack in jedem Moment eine visuelle und inhaltliche Explosion raus aus der oberflächlich ruhigen Fassade erwartet. Toll!

Auf dieser Ebene spielen auch die Darsteller ihre Figuren par excellence: Der namenlose Driver schafft durch wenig Mimik und zugleich mittels geschickt angedeuteten Akzentuierungen seiner Gesichtsmuskeln stehts das Gefühl des ruhigen, der Situation beherrschenden Cowoboys darzustellen, unter dessen Oberfläche ein Vulkan an Emotionen brodelt. In exakt der gleichen Hinsicht schafft auch die Love in interest - die verheiratete Irene, dargestellt von der mir bis dato vollkommen unbekannten Carey Mulligan - ihr inneres brodelndes, sich alles verzehrende Verlangen, in keinster Sekunde mit ihren Gesichtszügen darzustellen - sondern deutet dies alles nur durch ihr schnell schlagendes Herz und der tiefen Atmung an! WOW, dass nenn ich mal ne schauspielerische Leistung!

Im absoluten Kontrast dazu leben die dunklen Charaktere in diesem Film stehts ihr volles emotionales Spektrum schamlos aus, zeigen offen ihre Gier, Wollust und Mordlust, wodurch ein fantastischer visueller Kontrast zwischen Gut und Böse in diesem Film entsteht!


Diesem visuell-akustischen Geniestreich kann die Handlung leider nicht ganz das Wasser reichen: Der namenlose Driver ist tagsüber Autostuntman und fährt Nachts für Verbrecher deren Fluchtauto. Eines Tages lernt er auf seiner Wohnettage die attraktive Irene und deren Sohn kennen und zwischen den beiden entwickeln sich romantische Gefühle, wobei sie aber stehts distanziert zueinander auftreten, vergleichbar zu dem poetischen Realismus der Jahrhundertwende. Eines Tages wird Irenes Mann aus dem Knast entlassen, der in der folgenden Handlung zu einem Raubüberfall genötigt wird, bei dem der Driver natürlich als guter Ritter in der Not beistehen möchte um der jungen Familie zu helfen. Der Heist geht dabei aber komplett schief und es entwickelt sich im Folgendem ein blutiges Gemetzel der Rangliste der Bösewichter hinauf. 

Somit wird im Gegensatz zu normalen Heist Filmen, in denen ein genialer Coup am Ende immer die intellektuelle Überlegenheit des Protagonisten verdeutlicht, der Driver hier alleine durch seine Gutmütigkeit in ein absolutes Schlamassel hineingezogen, in dessen Folge er nicht mehr agieren sondern nur noch reagieren kann. Und so wissen wir leider recht rasch, dass die Story am Ende nicht gut ausgehen kann. 

Die restliche Handlung ist dann leider nur noch auf dem Niveau einer besseren Sopranos Doppelfolge, wobei zusätzlich durch die bewusst langsame visuelle Inszenierung des dünnen Drehbuchs, diese sogar leider ab und an etwas langatmig auftritt. Am Ende wird die Geschichte aber durch das fantastische Schauspiel der beiden Hauptdarsteller und der faszinierenden visuellen Optik in Symbiose mit der Soundkulisse gerettet.

Unverständlich blieb mir bis zuletzt warum der Film überhaupt eine FSK 18 Einstufung bekam: Die wenigen expliziten Blaxploitation Sequenzen sind recht harmlos geraten und bei weitem nicht als übermäßig brutal zu bezeichnen, vorallem da der Regisseur stehts dazu neigte diese Szenen mit schnellen Kameraschwenks rasch auszublenden, so dass am Ende deren Gesamtlaufzeit nur wenige Sekunden betragen dürfte. In dieser Hinsicht hätte man dann aber auch gleich ganz auf die Gewaltexzesse verzichten können - der Film hätte dadurch nichts an seiner Faszination und Spannung verloren! 




Fazit:
Driver ist ein faszinierend-ästhetischer Film, der eine fast schon perfekte Symbiose zwischen dem visuellem Bild und dem treibenden Elektrosoundtrack erzeugt. Dadurch und dank der ruhigen Kameraführung und den fantastisch agierenden Schauspielern entsteht eine fesselnde Grundstimmung, die den Zuschauer in jeder einzelnen Sekunde an die Leinwand bannt.  Einzig der etwas simple Storybogen des Films, der nicht über das Niveau besserer Soprano Folgen hinaus kommt, verhindert am Ende eine Höchstwertung. Für jeden Freund erfrischender Independent-produktionen im Arthousestil ist Drive eine ganz klare Pflichtempfehlung!


Gesamtwertung:

Einzelwertungen:

Corny: 9/10
s.o.

Eva: 8/10
"Das was ich gesehen habe war gut, bin leider eingepennt. Das lag aber nicht am Film!"


Quelle Bilder: cinema.de


Achtung Schnittfassung: Im Free-TV wurde bisher nur eine leicht geschnittene FSK 18 Fassung ausgestrahlt! Für die ungeschnittene Fassung von Drive (2011) muss man daher zur Blu-Ray Fassung greifen. Aber Augen auf beim Kauf - in der Reihe "Große Kinomomente" wurde eine FSK 16 Version des Films veröffentlicht. In dieser fielen alle expliziten Szenen dem Cutter zum Opfer, was mit einer Gesamtkürzung von 0:55 Min einherging. Den Schnittbericht dazu kann man HIER nachlesen.

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